Die Rubrik „Fundstücke“ versammelt in loser Form eine Sentimenthek von Gedanken, Textvignetten und Bildern, die in keinem anderen Zusammenhang stehen, als daß sie mir in Lektüren oder Gesprächen untergekommen sind und mich innehalten ließen. Angesprochen hat mich das Vorgefundene teils durch eine prägnante Formulierung eigener gedanklicher Sympathien, jedenfalls aber durch die Verführung, mich ausführlicher mit den jeweiligen Positionen auseinanderzusetzen. Und weil es mir einfach gefallen hat, auch als Lesestoff, um ihn hier in diesem virtuellen Salon aufzulegen.


Die Psychoanalyse ist aber nur scheinbar veraltet (Marcuse), ihre Aktualität in der Flüchtigen Moderne besteht in ihrer spezifischen Unzeitgemäßheit. Eine Kultur, die Selbsterforschung nicht durch Selbstreparatur ersetzen will, bleibt auf die Psychoanalyse angewiesen.
Gerhard Schneider, Die Psychoanalyse ist ein Humanismus. PSYCHE 8/2012

Die Rede von der Gewissheit hat eine lange Geschichte. Wie wir wissen, gehen seit Platon Gewissheit und Gewalt miteinander einher. Seit jenem ersten Gleichnis von den Gefangenen in der Höhle, die nur Schatten sehen, herrscht die Ansicht vor, dass es der Gewalt bedarf, um die Menschen aus der Höhle hinaus ins Licht zu führen, um sie aufzuklären. … Meiner Ansicht nach liegt eines der großen Verdienste der Psychoanalyse darin, uns gelehrt zu haben, dass es keine Heilung gibt. Dass es immer eine gewisse Unvollständigkeit gibt, ein gewisses Maß an Leid in der Welt, an Unglück, das unserem Dasein eingeschrieben ist. Und dass es zu einer Deformation kommt, sobald wir glauben, darüber hinweggekommen zu sein.
William Kentridge, In Verteidigung der weniger guten Idee. Sigmund Freud Vorlesung 2017

Es gibt keine Natur des Menschen, die den Menschen festlegt, sondern der Mensch ist das, wozu er sich macht.
Jean-Paul Sartre

Der folgende Satz aus Sartres Saint Genet war entscheidend für mich: »Es kommt nicht darauf an, was man aus uns gemacht hat, sondern darauf, was wir aus dem machen, was man aus uns gemacht hat.« Er wurde zu einem Prinzip meines Lebens. Zur Maxime einer Askese, einer Arbeit am Selbst.
Didier Eribon, Rückkehr nach Reims