Ich kann mehr zu diesem Thema der Dezentrierung sagen, indem ich einen Hinweis von Daniel Dennett - dem nach meiner Einschätzung führenden Vertreter der Philosophie des Geistes - aufgreife. Dennett macht in seinem Buch Consciousness Explained den Vorschlag, wir sollten uns das menschliche Ich als »narrativen Schwerpunkt« vorstellen. Dieser Vorschlag schließt Gedanken über die Selbst- Erschaffung vermöge Selbst- Neubeschreibung ein, die sich bei Sartre und neuerdings auch in den Arbeiten von Charles Taylor finden. Alle drei Autoren sind der Ansicht, daß sich das Ich ändert, sobald es eine andere Geschichte darüber erzählt, wer es selbst ist (also z. B. eine Geschichte der Art, die man sich selbst erzählt, nachdem man eine neue Ehe geschlossen, sich einer Psychoanalyse unterzogen, an einem Krieg teilgenommen oder für eine politische Bewegung gekämpft hat). Mit der Änderung solcher Geschichten ändert sich auch der eigene Schwerpunkt, die moralische Identität.
Richard Rorty, Eine Kultur ohne Zentrum. Vier philosophische Essays (1991)

Ich weiß, daß es so etwas wie „sein Leben ändern“ nicht gibt: man dreht sich nur beständig innerhalb des Kreises der eigenen Persönlichkeit.
Oscar Wilde

... streng genommen ist die Frage nicht, wie man geheilt werden kann, sondern wie man leben soll.
Joseph Conrad, Lord Jim

Der Mensch muß sich nach sich selbst richten, aber jenes ›Selbst‹ ist ihm nicht vorgegeben, sondern aufgegeben. Er muß es im Nachdenken, Prüfen, Handeln und im Gespräch entwickeln, finden, erfinden.
Rüdiger Safranski, Das Böse oder Das Drama der Freiheit