A. Bejahst du die Gewalt: Ja oder Nein?
B. Es gibt eine Recht-erhaltende Gewalt, ohne die auch der Rechtsstaat nicht auskommt, und es gibt eine Recht-schaffende Gewalt; die letztere antwortet auf die erstere, aber die erstere ist immer hervorgegangen aus der letzteren.
A. Bejahst du die Pistole im Cockpit?
B. Es steht mir nicht zu, die Pistole im Cockpit zu verurteilen, weil ich ohne sie auskomme. Was ich zum Leben brauche, habe ich ohne Gewalt, das heißt, ich habe es durch die Recht-erhaltende Gewalt. Andere sind in einer anderen Lage; meine Recht-Gläubigkeit ernährt sie nicht, kleidet sie nicht, behaust sie nicht, versetzt sie nicht in den Luxus, auszukommen ohne Gewalt.
A. Willst du also sagen, daß die Anwendung von Gewalt gerechtfertigt ist, wenn es ohne Gewalt nicht geht?
B. Es kommt darauf an, was ohne Gewalt nicht geht . . . Ich befinde mich nicht in der Lage, die eine Anwendung von Gewalt rechtfertigt.
A. Es geht aber nicht um dich.
B. Eben.
A. Du hast gestanden, daß Akte der Gewalt dich entsetzen. Du bist aber noch immer nicht bereit, die Anwendung von Gewalt grundsätzlich zu verurteilen –
B. Es steht mir nicht zu
.
Max Frisch, aus: Verhör III, Tagebuch 1966 – 1971