Es muß alles anders werden!
Wim Wenders: Im Lauf der Zeit

Ich teile das Konzept der individuellen Veränderbarkeit des Menschen nicht und sehe darin eine illusionäre Verkennung unserer strukturellen, charakterlichen, historischen, sozialen und anthropologischen Gegebenheiten. Meine Vorstellung ist vielmehr jene einer Entwicklung der Person im Sinne einer wechselnden Aktualisierung bestimmter Interessen und Lebensphasen, auf Erfahrungen beruhender Einstellungen und bedeutsamer Beziehungen, während anderes wiederum im Lauf der Zeit an Bedeutung verliert und in den Hintergrund tritt. Dieser Ablauf unserer Existenz im Grenzbereich der Leiblichkeit, „alswie das Leben von Geburt an schon Sterben ist“¹, erscheint nicht auf ein bestimmtes Ziel gerichtet und kein Lebensabschnitt ist darin einem anderen als überlegen zu betrachten.
Sinn ist unserem Dasein somit nicht vorgegeben sondern muß jeweils gesetzt und unser konstitutiver Lebens- und Selbstentwurf dementsprechend erfunden werden. Wesentlich können wir uns dabei auf sinnliches Erfahren sowie auf unsere geistigen, ethischen und spielerischen Haltungen beziehen, nach Kriterien von Stimmigkeit und Notwendigkeit.
Eine selbstbewußte Entwicklung setzt das Verständnis und die Akzeptanz des Bestehenden voraus. Sie versucht, unsere bewußten Wünsche und Ängste, Überzeugungen und Widerstände einzubeziehen, der Sprache unseres Unbewußten Raum zu geben, und geschieht wesentlich im Austausch mit uns selbst und anderen, in Reflexion und Diskurs, sowie durch kontinuierliches Lernen, Üben und Wiedererinnern.
In diesem Sinn begleite und berate ich Menschen in ihrer Entwicklung zu vertieftem Selbstbewußtsein, zu neuen Sichtweisen und daraus resultierend zur Öffnung und Erweiterung ihrer Handlungsspielräume und ihrer Beziehungsgestaltungen.

¹Jean Améry